Vom 12. bis zum 16. Mai 2016 fand nun bereits zum 25. Mal das Wave-Gotik-Treffen (WGT) in Leipzig statt.
Am Donnerstag gab es neben dem traditionellen Sadgoth.com-Treffen im Bayerischen Bahnhof die offizielle Eröffnungsfeier im Freizeitpark “Belantis” – mich zog es jedoch in die Moritzbastei, wo unter dem Namen “WGT PreOpening / Schwarzes Leipzig Tanzt” bereits die ersten Konzerte stattfanden. Hierbei für mich besonders interessant waren FRAMHEIM aus Leipzig, die zu 2/3 aus Mitgliedern der Band FORMFLEISCH bestehen und hier eine äußerst gelungene Stilmischung aus Goth, Postpunk, Electro und experimenteller Musik ablieferten. Tipp!
Der Freitag begann dann im Alten Stadtbad, wo sich XTR HUMAN, HEARTS OF BLACK SCIENCE und HANTE. die Klinke in die Hand gaben. Den Anfang machten XTR HUMAN, deren treibender Mix aus Postpunk mit ein wenig Elektro-Elementen das Publikum frühzeitig zur Bewegung animierte. Es folgte das finnische Shoegazer-Duo von HEARTS OF BLACK SCIENCE mit seinem ersten Deutschland-Gig überhaupt, auch diese Band wusste zu gefallen. Unter dem Namen HANTE. verbirgt sich mit Hélène de Thoury eine Hälfte von MINUIT MACHINE und auch ein Drittel von PHOSPHOR. Zu hören gab es dann schönen coldwavigen Synthiepop, der unter Beweis stellte, dass elektronische Musik nicht immer “Bumm-Bumm” sein muss.
Anschließend musste ich leider HENRIC DE LA COUR und außerdem später noch PETER MURPHY verpassen, da ich mit MARTIN OLDGOTH und MARC ZIMMERMANN die Ehre hatte, auf der ersten Nacht der inzwischen legendären WHEN WE WERE YOUNG Party im Täubchenthal aufzulegen. Eine schöne Party war es (die Playlist gibt es HIER), und am frühen Morgen ging es dann wieder ins Hotel.
Der Samstag begann dann sehr zeitig, denn um 13 Uhr war schon ein Vortrag über Goths in der DDR mit John Nicholls angesagt, der auch einen schönen Vergleich zu der Szene in England herstellte. Musikmäßig spielte sich der Tag dann komplett im Täubchenthal ab: Den Anfang machten SIGUE SIGUE SPUTNIK, die den Trash der 80er noch einmal richtig schön zelebrierten. Danach kamen CHRIST VS. WARHOL mit waschechten aktuellen Deathrock von Musikern, die definitiv ihr Handwerk verstehen. Dritter Act war eine Legende: LENE LOVICH und ihre Band trat endlich zum ersten Mal beim WGT auf und eroberte den Saal im Sturm – habe ich erwähnt, wie sehr ich es mag, wenn man den Musikern die Freude am Spielen anmerkt? TRAGIC BLACK folgten, und der Sound der Band ist definitiv gereift und eigenständiger geworden. Höhepunkte waren aber 2 Coverversionen: “Newspeak (Room 101)” von ALL GONE DEAD (immerhin mit 2/3 der Originalband! Hierbei habe ich quasi eine neue Sportart erfunden: Limbo-Filming – vergleiche dazu das Video Nr. 12) und “Deathwish” von CHRISTIAN DEATH. Headliner des Abends waren dann CINEMA STRANGE, deren Auftritt einer ihrer besten war und schön an die ersten Gigs hierzulande Anno 2001 erinnerte.
Auf der anschließenden WHEN WE WERE YOUNG-Party hätte ich gern noch getanzt, aber die Füße sagten nach 6 Stunden stehen “nein”, also gab es eine “frühe” Nachtruhe.
Am Sonntag war zunächst der Volkspalast an der Reihe. Den Anfang machten hier WINTER SEVERITY INDEX in der Kuppelhalle, die trotz anfänglicher Probleme mit der Technik ein brilliantes Set hinlegten und das Publikum für sich gewinnen konnten. JESSICA93 wären in der Kantine gefolgt, kamen aber mit Verspätung an, sodass ich es für besser hielt, mir rechtzeitig einen Platz in der Kuppelhalle für die nun folgenden THE BLUE ANGEL LOUNGE zu sichern. Die Band wusste schon 2013 (damals im Alten Landratsamt) zu begeistern, und das eher ruhige Set passte wundervoll in das Ambiente der Halle.
Im Anschluss machte ich mich auf den Weg ins Schauspielhaus, denn hier lockten gleich zwei Leckerbissen: AND ALSO THE TREES, die mit ihrer “Brother of the Trees”-Performance ihre Songs in neu interpretiertem Gewand präsentierten (und die ich am Montag mit ihrem regulären Set nicht sehen konnte), und THE LEGENDARY PINK DOTS mit ihrer Mélange aus Psychedelik, Elektronik und Underground. Zwei Spitzenkonzerte, und die Füße freuten sich über die Bestuhlung 😉
Noch ein Highlight gab es dann später: die erst am Donnerstag angekündigten PUBLIC IMAGE LTD. (PIL) traten als Mitternachts-Special in der Agra-Halle auf und heizten trotz der späten Stunde (Beginn war um 1 Uhr) dem Publikum ordentlich ein – inklusive einiger augenzwinkernden Seitenhiebe auf “die Goths” natürlich 🙂
Zurück in der City war ich dann gegen 3:45 Uhr – zu spät, um noch irgendwo auf eine weitere Party zu gehen. Also Feierabend.
Und schon war mit Montag der letzte Tag des Festivals angebrochen. Wir waren rechtzeitig wach, um noch bei der Ausstellung “25 Jahre WGT” vorbeizuschauen, bevor die Konzerte wieder losgingen. Fast schon traditionell war an diesem Tag das Alte Landratsamt an der Reihe. Mit CHRISTINE PLAYS VIOLA machten ein paar “alte Bekannte” den Anfang mit einem soliden Set, das auch einige neue Nummern umfasste. Schon etliche Jahre nicht mehr gesehen hatte ich LAMENT, die mal wieder unter Beweis stellen konnten, dass sie eine der besten Livebands aus Leipzig sind. Dritte Band im Bunde waren THE MARY ONETTES aus Schweden, die ein tolles Best-Of-Set mit vielen Stücken vom ersten Album ablieferten – klasse! Etwas getrübt wurde die Stimmung nur vom aggressiven Auftreten einiger Security-Leute, die offenbar ihre Macht demostrieren mussten – Blitzlichtfotografen und vermeintliche Filmer wurden durch das Publikum angegangen, als ob es militärische Geheimnisse zu bewahren galt! Da waren die anderen Veranstaltungsorte deutlich entspannter.
Den Abschluss des Montagabends bildete wieder ein DJ-Termin: Mit GIANFRANCO GROTESQUE aus Italien sowie NIDDHOEGGR und TVOD vom Chamber Music e.V. durfte ich den Beyerhauskeller beschallen. Das ging dann (Playlist siehe HIER) auch bis 5:30 Uhr, damit war das WGT dann auch schon wieder vorbei.
In diesem Sinne: Auf das 26. WGT im nächsten Jahr!
Fotos
Video-Playlist (31 Videos):
Anmerkung: wegen der übereifrigen Security am Montag stammen die letzten 3 Videos nicht von mir – ich habe sie jedoch in die Liste der gesehenen Bands aufgenommen.